Zitiert: „Wir müssen uns Kritik stellen, dürfen nicht belehren“

Armin Wolf zeichnet ein sehr umfassendes Bild von Journalismus und Medien in einer digitalen Welt. „Heute kann jede 16-jährige Schülerin mit ihrem Smartphone und einem Datenvertrag um ein paar Euro monatlich in ihrem Kinderzimmer ein Massenmedium gründen – das, gut gemacht, ein Millionenpublikum erreichen kann.“ Das gilt nicht allein für 16-jährige Schülerinnen, sondern auch für Menschen von Donald Trump bis QAnon. […]

Wolf: „Weil wir als Demokratien aber weiterhin eine pluralistische Medienlandschaft brauchen werden, könnte es sein, dass wir seriöse Medien irgendwann ähnlich finanzieren müssen wie seit jeher Theater, Museen oder Bibliotheken. Auch da haben wir als Gesellschaft mal die Entscheidung getroffen, dass wir diese Angebote wollen und brauchen, auch wenn sie sich ‚am Markt‘ alleine nicht finanzieren können. Also finanzieren wir sie teilweise öffentlich und solidarisch. So wie wir auch den öffentlichen Rundfunk finanzieren. Und wenn das so kommt, wird die Frage der Unabhängigkeit von den öffentlichen Geldgebern natürlich absolut zentral. Dafür müssen überzeugende Modelle erst gefunden werden. […]

Schwer tue ich mich mittlerweile – leider – mit dem Wort ‚unparteiisch‘. Dabei bin ich grundsätzlich ein großer Fan unparteilicher Berichterstattung. Es ist nicht die Aufgabe öffentlich-rechtlicher Journalist:innen, die Steuerideen, Bildungskonzepte oder andere Reformvorschläge der einen oder anderen Partei zu promoten. Aber wir können nicht unparteiisch sein bei der Frage, ob der Klimawandel existiert oder nicht. Ob Donald Trump vom ‚deep state‘ der Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2020 gestohlen wurde. Ob Putin ein ‚lupenreiner Demokrat‘ ist oder Ungarn eine funktionierende Demokratie.“ […]

Der „ZiB 2“-Moderator verwendet daher „lieber Begriffe wie unvoreingenommen und ergebnisoffen: Journalistinnen und Journalisten sollten – unabhängig von unseren persönlichen politischen Standpunkten – an Recherchen herangehen wie seriöse Wissenschafterinnen und Wissenschafter an ihre Forschung: Mit der stetigen Bereitschaft, ja sogar mit dem Bestreben, unsere Ansichten und Thesen zu einem Thema durch neue Erkenntnisse zu falsifizieren. ‚The best obtainable version of the truth‘ eben“, verweist Wolf auf die Journalismusdefinition von Watergate-Aufdecker Carl Bernstein: die bestmögliche Version der Wahrheit.

derstandard.at, 10.01.2024 (online)

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)