Ist es das, wonach es auf den ersten Blick aussieht – nämlich eine juristische Blamage für den Verfassungsschutz gegen die AfD? Nein, das ist es nicht. Es ist in Wahrheit überhaupt kein substanzieller Rückschlag für den Verfassungsschutz. Es ist ein völlig normaler Vorgang. Als der Verfassungsschutz schon einmal die AfD hochstufte, im Jahr 2021 – damals vom bloßen „Prüffall“ hoch zum „Verdachtsfall“, der Vorstufe zum erst jetzt erreichten Status als „gesichert extremistisch“ –, da lief es bereits genauso.
Der Verfassungsschutz verkündete, was er zu verkünden hatte. Und dann, als die AfD einen Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz stellte, willigte der Dienst ein, noch einmal innezuhalten. Aus Respekt vor dem Gericht. Damit die Richterinnen und Richter dort eine faire Chance haben, die Akten zu studieren.
Eine „Stillhaltezusage“ nennt sich das juristisch. Für die Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens. Das ist kein Akt der Umkehr. Sondern nur ein Akt der Höflichkeit. Das ist zwar ein kleiner Rückschritt für den Verfassungsschutz, und das wird nun auch erst einmal eine Weile so bleiben, denn das, was bei Gericht „Eilrechtsschutz“ heißt, kann bei diesem enormen Umfang der Akten etliche Monate oder auch mehr als ein Jahr in Anspruch nehmen. So war das bei der letzten Runde – bei der juristischen Prüfung des 2021 ausgerufenen „Verdachtsfalls“. Den Verfassungsschutz stört das aber kaum. Seinen Punkt hat er gemacht.
Ronen Steinke, sueddeutsche.de, 09.05.2025 (online)