Ein Paragraf im Medienstaatsvertrag soll extrem umweltschädliche Werbung verhindern. Ein aktueller Fall im HR-Rundfunkrat zeigt: Wie genau das funktionieren soll, weiß keiner. […]
Hauke Diers beschreibt in seinem Brief nicht nur den Spot, sondern auch dessen Platzierung im Programm. Denn am 4. und 6. November berichtete die ARD abends in ihrer Rubrik „Wissen vor acht“ über Wassermangel und Extremwetter – zwei mögliche Folgen der Klimakrise. Es sei „besonders grotesk“ gewesen, dann innerhalb von Minuten „einen der Verursacher in der Werbung“ zu sehen, schreibt Hauke Diers. Gemeint ist, dass die Katar-Kampagne indirekt für emissionsreiche Flüge wirbt. Flugzeuge sind in dem Spot zwar gar nicht zu sehen, die Webseite zur Kampagne „Visit Qatar“ verlinkt aber mehrere Airlines (und eine Anreise mit dem Auto scheint eher unwahrscheinlich). […]
Die juristische Prüfung sei jedoch eindeutig ausgefallen: Die Reisewerbung falle nicht unter Paragraf 8. „Es müsste schon der einzelne Spot für sich genommen in hohem Maße eine Umweltgefährdung darstellen.“ Wie genau so ein Spot aussehen müsste, schreibt sie nicht. […]
Auch im kompletten Rundfunkrat wird am 6. Juni noch einmal über den Fall diskutiert, diesmal öffentlich. Das Gremium folgt schließlich der Empfehlung des Beschwerdeausschusses: Die Beschwerde wird einstimmig abgelehnt. […]
Dabei ist auffällig, dass in allen Schreiben, Diskussionen und Protokollen eine Frage unbeantwortet bleibt: Wie müsste denn eine Werbung aussehen, damit sie als zu umweltschädlich nach Paragraf 8 abgelehnt wird? Wann gefährdet ein Spot „in hohem Maße“ die Umwelt? Und für welche Produkte müsste er werben? […]
Es ist kein Fall bekannt, bei dem die Klausel zu umweltschädlicher Werbung bisher zum Einsatz gekommen ist. Was bedeutet: Die Formulierung steht seit Jahren im Medienstaatsvertrag, ohne irgendwelche Auswirkungen zu haben.
Annika Schneider, Übermedien, 27.06.2025 (online)