Aber der Link zwischen Einsamkeit und Empfänglichkeit für rechtes Ressentiment kann auch ganz anders gelegt werden. Einsame Menschen sind auf der Suche nach Anschluss, nach Kontakt und Gemeinschaft. Sie erleben vielleicht, dass der Versuch, auf andere zuzugehen, nicht auf Resonanz stößt. Das sind schmerzhafte Erfahrungen der Abwertung. Um das zu kompensieren und sich selbst aufzuwerten und zu stabilisieren, können einsame Menschen dazu neigen, ihrerseits andere abzuwerten. Dieser Zusammenhang ist zum Beispiel in der Mitte-Studie empirisch gut untersucht worden. Rechtsextreme und Rechtspopulisten machen nicht nur Gemeinschaftsangebote, sie machen auch Aufwertungsangebote: Du gehörst zur stolzen völkischen Gemeinschaft und kannst andere, die nicht dazugehören, verachten. Das kann für Menschen, die unter Einsamkeit leiden, sehr attraktiv sein.
Claudia Neu, sueddeutsche.de, 10.06.2025 (online)