Zitiert: Die Medienpolitik überfordert die Gremien

Nach mehr als 23jähriger Tätigkeit in Gremien von ARD/SFB/rbb/arte erlaube ich mir folgende Einschätzung aus meiner Vulgärempirie: Den Gremien fehlt vor allem Professionalität, Wille zur Weiterbildung und Kontinuität. Viele verlassen bereits nach wenigen Jahren die Rundfunkräte: zu kurz, um zu wissen, wie der Hase läuft. Zu viele Gremienmitglieder sehen sich als Lobbyisten ihrer Verbände/Organisationen und nicht als Anwälte der Allgemeinheit. Die im jetzigen Entwurf des Medienänderungsstaatsvertrags vollmundig avisierte Möglichkeit für die Gremien, „Richtlinien für Qualitätsstandards“ aufzustellen , ist Augenwischerei. Die regelmäßige Debatte über die ARD-Leitlinien zeigt die Fruchtlosigkeit dieses Unterfangens. Das Problem liegt woanders: die ARD ist in vielen Bereichen intransparent, sie ist kritik- und beratungsresistent, ihr fehlt mitunter die kritische Selbstreflektion. Zu oft zieht sie sich, gerade im Informationsbereich, auf ihr vermeintlichesUnfehlbarkeitsdogma zurück, das selbst die Katholische Kirche inzwischen abgeschafft hat. Hier liegt der Hund begraben. Ich habe es in all der Zeit nur zweimal erlebt, dass ARD-Verantwortliche selbstkritisch Nabelschau hielten: das war 2014, als in etlichen Rundfunkräten die Diskussionen heiß liefen, die ARD informiere zu verengt über die Ukraine/Russland-Thematik. Da kam dann doch Nachdenklichkeit auf bei einigen Nachrichtenprofis. Und, auf Initiative des ARD-Programmbeirats , die Kritik an der Wirtschaftsberichterstattung in den ARD-Magazinen über die Krise 2007/2008. Da gestand man ein, es fehle mitunter am ökonomischen Sachverstand in den Redaktionen und gelobte Besserung, sprich: die Suche nach qualifizierten Wirtschaftsredakteuren sollte verstärkt werden.

Für die Zukunft der ARD geht es also primär um das Selbstverständnis der Programmmacher, ihre Fähigkeit zur Selbstkritik und das Zulassen von Fehlerdebatten. Und nicht um Spielwiesen für Gremien.

Leserbrief von Dieter Pienkny, Süddeutsche Zeitung, 4./5./6. Juni (nicht online)

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)