Gehört der MDR zu den „Nimmersatten“?

 

Hans-Peter Siebenhaar hat ARD und ZDF als „nimmersatt“ beschrieben. Doch trifft diese Beschreibung auf alle ARD-Anstalten zu? Anbei mein Artikel, der im aktuellen Auslöser, der Zeitschrift des Sächsischen Filmverbandes, erschienen ist:

 

Der MDR plant im Jahr 2013 mit 657 Mio. Euro an Einnahmen. Er hat 2. 015 feste sowie über 1.400 fest-freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese werden nach Tarif bezahlt. Intendantin und Direktoren sind besser bezahlt als Ministerpräsidenten und Ministerinnen. Der MDR veranstaltet Feste der Volksmusik und produziert einen zusätzlichen Tatort. Er verfügt über eine große Zahl an Tochterfirmen, die Gewinne erwirtschaften. Doch lebt der MDR auf einer Insel der „Nimmersatten“?

 

 

Vor 12 Jahren, im Jahr 2001, lag die Rundfunkgebühr bei 16,15 Euro im Monat. Seitdem ist sie um 1,83 Euro gestiegen. Die Gesamteinnahmen aus der Rundfunkgebühr wuchsen in den 10 Jahren von 2001 bis 2011 von 6,65 Mrd. Euro auf 7,54 Mrd. Euro, also um 13%. Doch der MDR profitierte davon nicht. Verbuchte man im Jahre 2001 Einnahmen in Höhe von 682 Millionen Euro, so waren es 2011 ca. 662 Mio. Euro. 2001 kamen 565 Millionen Euro aus der Rundfunkgebühr, 2011 waren es nur noch 533 Millionen Euro.

 

Doch wie kann es sein, dass trotz steigender Gebührenhöhe und wachsender Gesamteinnahmen die Einnahmen des MDR sinken? Dies hat vor allem zwei Gründe: Die Bevölkerung und damit die Zahl der Gebührenzahler nimmt im MDR-Gebiet ab. Zudem nimmt jeder, der das MDR-Sendegebiet verlässt, seinen Rundfunkbeitrag mit. (Wenn 10.000 Beitragszahler nach Bayern ziehen, dann steigen die Einnahmen des Bayrischen Rundfunks um 2,15 Millionen Euro, die des MDR sinken um diesen Betrag.)

 

Zudem hat sich die soziale Lage im MDR-Gebiet verschlechtert. So verdoppelte sich innerhalb von 10 Jahren der Anteil derjenigen, die von der Rundfunkgebühr befreit waren. Lag die Befreiungsquote 2001 mit 6 % noch unter dem Bundesdurchschnitt, so stand sie 2011 mittlerweile bei 12,3% .

 

Doch nicht nur diese Effekte sorgen dafür, dass die letzten Jahre für den MDR keine reichen Jahre waren. Seit Jahren steigt der Anteil, den der MDR für die GSEA (Gemeinschaftseinrichtungen und –aufgaben der ARD) aufbringen muss – weil die Ausgaben in den GSEAs steigen. 2013 zahlt der MDR dafür 122 Mio. Euro. Das sind 4 Mio. Euro mehr als in 2011. Das eigene Fernsehprogramm soll 149 Mio. Euro kosten, die Radioprogramme 62 Mio. Aus den GSEA werden u.a. die degeto und die Sportrechtefirma SportA finanziert, die GEZ ist dort zu finden wie auch das ARD-Hauptstadtstudio und die Spartenprogramme. Seit Jahren steigen auch die Kosten für das ERSTE, die mittlerweile bei über 1,6 Mrd. Euro liegen. Ca. 10 Prozent davon zahlt der MDR. Allerdings ist es schwer genau herauszubekommen, welche Summen in die einzelnen Programmflächen des ERSTEN investiert werden. Bekannt ist, dass im Jahre 2010 der Sport im ERSTEN mit 450 Mio. Euro (ca. 27% der Kosten des Programms), im ZWEITEN mit 350 Mio. Euro (22% der Kosten des Programms) und in den DRITTEN mit 100 Mio. Euro zu Buche schlug und dabei zwischen 6 und 8% der Sendezeit ausmachte. Ein großer Teil dieser Mittel fließt in wenige Sportarten, wie Fußball, Boxen und Biathlon. Man müsste nur die Prioritäten im Programm verschieben und könnte Dutzende Millionen Euro anders einsetzen, in der ARD wie im MDR. Auch ein Vergleich der Kosten einzelner Programmformate wäre sinnvoll.

 

Die Mittel, die in die Altersversorgung fließen, steigen von Jahr zu Jahr. Die Mitarbeiter von ARD und ZDF leben nun einmal überdurchschnittlich lange. In den nächsten vier Jahren müssen 1,5 Mrd. Euro dazu genutzt werden, die betrieblich zugesicherte Altersversorgung mit zu finanzieren. So kann man, tarifvertraglich abgesichert, nach 30 Jahren gut bezahlter journalistischer Tätigkeit seine – sicher nicht schlechte – Rente um bis zu 2.000 Euro aufstocken.

 

Und so wird klar: die Spielräume des MDR sind kleiner, die Abhängigkeiten größer, als viele denken. Die Spielräume in der ARD sind größer. Allerdings sind die kleinen und mittleren Sender in einem Knäuel von zumeist versteckten Abhängigkeiten gefangen. Gegen das Vorurteil des „Nimmersatten“ kann da nur eines helfen: Transparenz.

 

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