Über das Gendern lässt sich trefflich streiten – also sollte man es tun, und zwar ohne Gesinnungsprüfung. Dass die Sender hier de facto Sprachpolitik betreiben, ist nicht bloß eine Frage der Ästhetik, sondern der Zugänglichkeit. Wer Verständlichkeit zur Regel erhebt, diskriminiert niemanden; wer Verständlichkeit opfert, verliert einige. Eine einfache Maxime genügte: Dort, wo Sprache Dienstleistung ist – Nachricht, Erklärung, Untertitel –, hat Verständlichkeit Vorrang. Dort, wo Sprache Kunst ist – Reportage, Essay, Satire –, darf sie sich zumuten. Das ist kein Salomonspruch, sondern die Anerkennung verschiedener Funktionslogiken in einem Haus.
Otfried Höffe, fr.de, 08.10.2025 (online)