Der WDR wollte, so hat es Troller hin und wieder erzählt, dass er einen Dichter wie William Somerset Maugham beim Treffen an der Cote d’Azur fragte, ob er die französische Küche mehr als die englische liebe und welches seine Lieblingsfarben seien. Er aber fragte den damals Neunzigjährigen, der in Deutschland studiert hatte, ob er ein Liebling der Götter sei, die im Sinne Goethes alles „ganz“ erleben. Heraus kam einer dieser typischen Troller-Momente: Maugham, eine Legende zu Lebzeiten, begann, als werde er zum ersten Mal richtig verstanden, darüber zu sprechen, wie unglücklich er sei.
Ähnlich knackte Troller Muhammad Ali, während er, auch das war ihm nicht fremd, den vor der Kamera auftrumpfenden Sexfilmer Russ Meyer, der ihm stolz seinen weißen Mercedes vorführte, mit der Bemerkung niederstreckte, den fahre in Deutschland jeder Taxifahrer. Mit Fragen gegen die Laufrichtung brachte Troller über Jahrzehnte hinweg Prominente, aber auch völlig unbekannte Menschen dazu, für einen Moment lang ihre Maske fallen zu lassen, einen Blick auf ihre innersten Beweggründe zu gewähren und mit oft ergreifend einfachen Worten den Zuschauer in einer Art Sensibilitätsschock sich selbst erkennen zu lassen. Dafür gab es Einschaltquoten von bis zu fünfzig Prozent. Jeder zweite deutsche Fernsehzuschauer besuchte mit Troller die angesagtesten Chansonniers in Paris und ließ sich von Orson Welles Kafka erklären.
Troller, der dann 1971 zum ZDF ging, wo er die Interviewreihe „Personenbeschreibung“ begann, habe mit seinem „subjektiven Stil“ gleich mehrere Generationen von Journalisten geprägt, war in Artikeln zu seinen zahlreichen runden Geburtstagen zu lesen. Wer aber folgte ihm in den vergangenen Jahrzehnten tatsächlich nach, wer macht heute noch Fernsehen in Trollers mutiger, fordernder Manier?
Uwe Ebbinghaus, faz.net, 28.09.2025 (online)