Ich weiß seit April, dass man neue Regeln geschaffen hat, wonach auch für sogenannte feste freie Mitarbeiter wie mich jetzt das Renteneintrittsalter maßgeblich ist für die Beendigung eines Vertrages. Davor galt immer das Argument: Ihr Freien seid schlechter gestellt als die Redakteure, aber ihr dürft so lange weitermachen, wie ihr Leistung bringt und euch das Publikum mag. Ulli Zelle, der ist ein Maskottchen des RBB wie das Sandmännchen, war 73, als er erfuhr, dass er plötzlich zu alt sei. Sein Vertrag wurde beendigt unter anderem mit der Begründung: Ulli, wenn wir dich nicht rausschmeißen, können wir die Verträge der jüngeren Alten auch nicht kündigen. Es ist etwas absurd, dass man sich im RBB nicht von den Leuten trennt, die in dem System eher stören, sprich faul sind. Sondern im Zweifel eher von einem Aushängeschild wie Ulli Zelle. Die Erfahrenen werden jetzt dafür bestraft, dass es in der Leitungsebene Mittelverschwendung gab und es hieß, der RBB sei blank, man brauche einen „Befreiungsschlag“. Der RBB wirft uns wie Säcke aus einem Ballon, um wieder Fahrt aufzunehmen. Dieses Gefühl, ein Sack zu sein, hat mich verletzt.
Jörg Wagner, sueddeutsche.de, 26.12.2025 (online)

