Als ich früher in Bonn (ja, Kinder, da war mal der Bundestag) und später in Berlin arbeitete, habe ich mich bemüht, immer wieder mal im Parlament zu sitzen. Je länger man in der Hauptstadt tätig war, desto weniger häufig besuchte man den Bundestag, jedenfalls in normalen Parlamentswochen. Man sprach mit vielen Leuten, hörte aber nicht unbedingt den Leuten zu, die im Bundestag sprachen. Es gab einige Kollegen, etwa den eigentlich im Bonner Haus der Geschichte auszustellenden FAZ-Korrespondenten Günter Bannas, die immer wieder im Bundestag saßen, weil sie das als ihre Pflicht verstanden. Bei anderen war das anders. Bei den meisten war das anders.
Jedenfalls wird die Regierungsbank nur dann besser besetzt werden, rein quantitativ gemeint, wenn der Kanzler entweder mit gutem Beispiel vorangeht oder/und Kanzleramtschef Thorsten Frei einen Bundestags-Präsenzdienstplan fürs Kabinett aufstellt. Das Problem kennt man sogar aus der Firma: Fast alle wollen im Home-Office bleiben, obwohl man, anders als im Bundestag, in der Konferenz oder in der Kantine nicht mal Weidel, Storch oder Gauland begegnet. Die passen auch nicht.
Kurt Kister, sueddeutsche.de, 05.06.2025 (online)