Papst Leo XIV. habe seine erste Pressekonferenz gegeben, berichten Agenturen. Das ist Unfug. Der Papst gab vielmehr eine Audienz und versetzte viele Berichterstatter in Verzückung. Der Beifall wollte nicht enden. […]
Als Leo XIV. die Halle betrat, gab es langen Beifall. Fragen und Antworten gab es nicht, stattdessen eine Ansprache mit anschließendem Segensspruch für alle Anwesenden und einer Händeschüttel-Tour durch die ersten Reihen. Dabei ließ sich mancher Berichterstatter gleich ein Autogramm geben, auf einen Baseball etwa. Die meisten schüttelten dem Papst höflich bis überschwänglich die Hand, manche wollten nicht mehr loslassen. Andere küssten seinen Ring: Der Papst ist auch das geistliche Oberhaupt der vielen katholischen Berichterstatter beim und über den Vatikan.
Schon an diesen Äußerlichkeiten tritt die Schwierigkeit zutage, als Pressevertreter einem Papst angemessen zu begegnen. Das Protokoll verlangt die Anrede „Heiliger Vater“ oder „Eure Heiligkeit“, gleich welcher Konfession oder Religion man angehört. […]
Auch Leo XIV. ist von einnehmendem Wesen und hat Charisma. Er bewegt sich in seinem neuen Amt traumwandlerisch sicher und bescheiden. Er parliert akzentfrei in vier bis fünf Sprachen und versprüht Esprit. Er hat das Zeug, Franziskus als Medienstar in den Schatten zu stellen.
Matthias Rüb, faz.net, 13.05.2025 (online)