Zitiert: Meinungsbildung vollzieht sich auf Plattformen, nicht im Parlament

 

Walter Benjamin sagte: Der Kapitalismus stirbt; aber sehr erfolgreich. Die USA verwandeln sich in ein poststaatliches Land, dessen Machtzentrum sich vom modernen Nationalstaat entfernt hat. Die Big-Tech-Machtelite Amerikas fühlt sich von einer CEO-geführten Herrschaft sehr angezogen, die demokratische Prozesse untergräbt und den Kapitalismus in einer extrem beschleunigten Form aufbaut. Das ist die leicht zynische Hoffnung des Akzelerationismus, egal ob von rechts oder links: dass sich der Kapitalismus durch sein inhärentes Wachstum und die technologiegetriebene Beschleunigung selbst an einen Nullpunkt navigiert, wo das System kollabiert und umschlägt in etwas ganz anderes. […] Diskordianismus bedeutet, dass man Verwirrung stiftet, von jedem Fakt das Gegenteil behauptet. Und am Ende weiß keiner mehr, was stimmt. Es geht nicht um Wahrheit. Es geht um Diskursdominanz. So wird aus Scheiße Gold. Die Meinungsbildung vollzieht sich auf Plattformen, nicht im Parlament. Auch das ist ein Aspekt des Post State. […]

Vielleicht ist das Zeitalter des Bürgers bald vorbei. Was Elon Musk mit seiner Behörde DOGE im Namen einer neuen Regierungseffizienz gemacht hat, war ein Hack des demokratischen Systems. Er hat sich die Zahlungsflüsse der Regierung angeschaut und Verträge einfach gekündigt. Ohne parlamentarische Debatte. Das ist kein Putsch, sondern eine Umprogrammierung des administrativen Systems. Die Machtverhältnisse in den USA haben sich zu einem postindustriellen Netzwerk verlagert, das keine Loyalität zum Bürger oder Staat besitzt.

Thomas Oberender, berliner-zeitung.de, 07.12.2025 (online)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)