Gibt es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen der verfestigten Provinzialisierung und Boulevardisierung der ostdeutschen Medienlandschaft und den vielen ,Lügenpresse‘- und ,Staatsfunk‘-Rufen in den neuen Bundesländern? […]
Für Sachsen ist die Geschichte mit den „Lügenpresse“-Rufen besonders relevant. Denn dieser Begriff bekam mit den ersten Aufmärschen der rassistischen Bewegung Pegida in Dresden von Ende 2014 an Konjunktur.
Und so verlogen die Parole auch war, sie zeigte doch verhängnisvoll Wirkung: Die Skepsis gegenüber Medien ist in Ostdeutschland deutlich ausgeprägter als im Westen, wie es in dem Buch Medien in Sachsen2 heißt, 2024 herausgegeben von der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung. Auf das Konto von Pegida ging den Autoren Peter Stawowy und Christopher Brinkmann zufolge aber auch eine wachsende Zahl von Angriffen auf Medienschaffende. […]
Kraske zitierte in seiner Analyse die freie Journalistin Doreen Reinhard, die unter anderem für „Zeit Online“ aus den neuen Ländern berichtet. Sie beobachtet eine „Verknappung“ der Recherche-Kapazitäten in den Redaktionen, die ihr gerade in dieser Lage Angst mache. Sie sieht auch immer weiter radikalisierte Bürger, beobachtet eine „krasse Aggressivität“ bei Demonstrationen. Gespart wird derweil überall, die Druckauflagen der Regionalzeitungen gehen drastisch zurück, Lokalredaktionen werden geschlossen. Und dass die großen ehemaligen SED-Bezirkszeitungen „Leipziger Volkszeitung“ und „Sächsische Zeitung“ nun in einem Konzern erscheinen und 2024 ihre Redaktionen zusammenlegten, hat die Sache nicht besser gemacht.
Der wachsende wirtschaftliche Druck vereint sich mit wachsendem politischem Druck. Kraske schreibt: „Die giftige Lügenpresse-Schmähung hat sich seit den Anfängen von Pegida zum Flächenbrand entwickelt.“ Er kritisiert, dass sich der Journalismus zugleich um einen „normalen Umgang“ mit der AfD bemühe. Einer Partei, die zwar demokratisch gewählt sei, aber eben nicht demokratisch ist: „Die AfD hat es geschafft, mit dem Kampfbegriff ,Neutralität‘ und dem Ruf nach Fairness eine Art vorauseilenden Gehorsam bei den Medien zu erzeugen.“
Matthias Meisner, katapult-sachsen.de, 20.09.2025 (online)