Zitiert: Kleine Geschichte der öffentlich-rechtlichen Unterhaltung

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll informieren, bilden und unterhalten. Als unlängst der Medienstaatsvertrag novelliert wurde, geriet der Unterhaltungsauftrag aber ins Visier der Politik. Stand bisher im Gesetz »Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebot entsprechen« heißt es künftig: »Unterhaltung, die einem öffentlich-rechtlichen Profil entspricht, ist Teil des Auftrags«. Was im Umkehrschluss so ausgelegt werden kann, dass eine Show, die nicht informieren oder bilden will, sondern einfach nur unterhalten, nicht mehr Teil des Auftrags von ARD und ZDF sein kann.  […] Die öffentlich-rechtliche Unterhaltung ist in keinem guten Zustand. Denn sie ist derzeit vor allem so vieles nicht: nicht opulent, nicht spektakulär, nicht schadenfreudig, nicht gefährlich, nicht divers, nicht doppeldeutig. Das Modellformat heißt »Hirschhausens Quiz des Menschen« und wird von einem approbierten Doktor moderiert. Wo ist das circensische Wagnis? Wo die intellektuelle Überforderung? Wo der ausgestellte schlechte Geschmack? Immerhin wird in der Sabbelsendung »Inas Nacht« immer noch gesoffen.

Wer will, dass das Fernsehen auch in der digitalen nonlinearen Welt weiter existiert, muss ihm nicht nur seriöse Information und ein breites Bildungsangebot wünschen, sondern auch den Mut zu schlechter Unterhaltung. Alberne Formate, anarchische Ideen, Unvorhersehbares in jeder Form. Gerade weil das Spektakel nicht dem »öffentlich-rechtlichen Profil« entspricht, müsste es Teil des Auftrags sein. Die Fernsehgeschichte macht es vor: Früher war nicht alles besser. Aber die Fernsehunterhaltung schon.

Holger Schramm, politikkultur.de, 31.1.2023 (online)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)