Zitiert: Folgen der Messbarkeit der Klicks für den Onlinejournalismus

Ein wesentlicher Aspekt ist die permanente Messbarkeit des Klick-Erfolgs jedes Artikels: Diese Messbarkeit hat natürlich eine Auswirkung auf die Arbeit in Onlineredaktionen. Texte, die beim Leser ’nicht funktionieren‘, haben oft keine große Sendezeit. Wenn uns ein Thema trotzdem am Herzen liegt, gehen wir an die Verkaufe: Funktioniert eine andere Zeile besser? Finden wir ein knackigeres Bild?“ … Keiner einzelnen Redaktion lässt sich ein Vorwurf machen. Bloß mittel- und langfristig haben die herrschenden Mechanismen Kollateralfolgen. Erstens führen sie zum Eindruck, dass alle auf sehr ähnliche Weise melden, was alle melden, und die Vielfalt der Medien nur scheinbar ist. Das wird bekanntlich von weit rechts und aus anderen, echt radikalen Richtungen instrumentalisiert. Zweitens macht die Mechanik die Medien verdammt berechenbar. Wer seine Positionen unterbringen möchte, braucht einen (Partei- oder Eigen-) Namen, mit dem die Medien und ihre Nutzer schon etwas anfangen können, und ein paar bewährte Reizworte in einer unverbrauchten Wendung – oder einer Hinguck-Aufhorch-Kombination à la SPD und „linksradikal“. Wer beides aufweisen kann, wird in aller Länge und Breite rauf und runter zitiert. Das hat Hans-Georg Maaßen eindrucksvoll bewiesen. … Natürlich ist das leicht gesagt (zumal auf einem nichtkommerziellen Portal wie evangelisch.de), aber gegen Instrumentalisierung aller Art – durch Algorithmen und Bots wie durch Parteien oder Prominente – als auch im publizistischen Wettbewerb hülfe den Nachrichtenmedien, etwas unberechenbarer zu sein. Auch mal Themen setzen zu wollen, die andere nicht setzen, und dabei zu bleiben, wenn sie nicht durchdringen. Oder nicht jede Aufregung in immer mehr, neuen Meldungen inklusive all dessen, was weitere Personen gesagt oder getwittert haben, um auch noch zitiert zu werden, weiterzuverbreiten.

 

Christians Bartels unter Bezug auf einen Text der sueddeutsche.de-Chefredakteurin Julia Bönisch unter der Überschrift „Wir optimieren permanent“, evangelisch.de, 08.11.2018 (online)

 

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)