Berenberg, einer der feinsten Buchverlage Deutschlands, muss schließen – obwohl ein Titel des Hauses aktuell auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises steht. […]
Heinrich von Berenberg, der im Jahr 2004 gemeinsam mit seiner Frau Petra den Verlag gründete, ist in diesem Jahr 75 Jahre alt geworden. In manchen kleineren Verlagen gibt es, wenn der Gründer sich zurückzieht, eine dynastische Nachfolge, einen Sohn oder eine Tochter, der oder die übernimmt. Das ist hier nicht so, und auch ein anderes Fortsetzungsmodell gelang nicht: das Andocken an einen anderen, größeren Verlag. […]
Elegant sahen die Bücher aus, mit ihrer sorgfältigen Typografie und dem guten Papier, aber Preziosen für ein bibliophiles Publikum waren sie nicht, vielmehr vollgesogen mit Krisen, Abenteuern, Wendepunkten in Geschichte, Ökonomie und Politik, wie in einem der Longseller, John Maynard Keynes’ „Freund und Feind“, Erinnerungsbuch und zugleich scharfe Kritik des Versailler Vertrags.
Und als vor nicht allzu langer Zeit der Roman „Eine Nebensache“ der palästinensischen Schriftstellerin Adania Shibli skandalisiert wurde, trat der Verlag unüberhörbar für seine Autorin ein. Auch wenn er Wiederentdeckungen machte, hatte er Zeitgenossenschaft im Sinn. Schade, dass der kleine Gewichtheber nun abtritt.
Lothar Müller, sueddeutsche.de, 25.09.2025 (online)