Zitiert: Der Fall Julian Assange – ein Kampf gegen den Journalismus an sich

Julian Assange hat gezeigt, welche Verbrechen die USA begehen. Edward Snowden zeigt, wie sie die Welt überwachen. Beides hatte für die Überbringer der Nachrichten bittere Konsequenzen. […]

Julian Assange hat als Journalist Hunderttausende von Dokumenten veröffentlicht, die Kriegsverbrechen der USA und ihrer Verbündeten dokumentieren: in Afghanistan, im Irak, in Guantánamo und anderswo. Die Authentizität der Dokumente steht außer Frage. Doch keiner der Täter wurde je vor Gericht gestellt oder gar verurteilt. Dagegen sitzt der Bote seit fünf Jahren mit lebensbedrohlichen Gesundheitsproblemen in einem Hochsicherheitsgefängnis in London, nachdem er zuvor sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft eingesperrt war. Weder in Großbritannien noch in einem EU-Staat noch in seinem Heimatland Australien wird ihm ein Verbrechen zur Last gelegt. Der einzige Grund für seinen zermürbenden Freiheitsentzug besteht darin, dass die amerikanische Regierung ein Auslieferungsverfahren in Gang gesetzt hat, das dem Journalisten Assange Spionage unterstellt und sich dabei auf ein mehr als einhundert Jahre altes Gesetz aus dem Ersten Weltkrieg beruft: den Espionage Act. […]

Noch nie zuvor wurde ein Journalist aufgrund dieses Gesetzes angeklagt. Der Auslieferungsprozess bildet damit einen gefährlichen Präzedenzfall. Sollte er erfolgreich sein, müsste jeder Journalist auf der Erde, der Kriegsverbrechen der USA enthüllt, fürchten, dasselbe Schicksal wie Assange zu erleiden. Das wäre das Ende der Pressefreiheit, wie wir sie kennen. Denn die Freiheit der Presse gründet darin, ohne Furcht vor Strafe die Schattenseiten der Macht auszuleuchten. Wenn diese Freiheit in einem so wichtigen Fall ausgelöscht wird, endet nicht allein die Freiheit der Journalisten, sondern unser aller Freiheit: die Freiheit vor der Willkür der Macht. […]

Stellen wir uns den Fall mit verkehrten Rollen vor: Nehmen wir an, ein australischer Journalist hätte Kriegsverbrechen des russischen Militärs und der russischen Geheimdienste veröffentlicht und Schutz in einem westeuropäischen Land gesucht. Würden die Gerichte ernsthaft ein Auslieferungsverfahren an Moskau wegen Spionage in Erwägung ziehen, zumal wenn der Kronzeuge ein verurteilter Krimineller ist?

Fabian Scheidler, berliner-zeitung.de, 26.02.2024 (online)

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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