Mit der ARD-Reform geht es mit großen Rückschritten voran. Seit Monatsbeginn übernehmen die meisten der Anstaltswellen für die reifere C- und D-Jugend abends zentral produzierte Programme. Werktags von 20 bis 23 Uhr servieren die Landessender von MDR und NDR sowie Antenne Brandenburg und WDR 4 Oldies aus der Dose. Die Show wurde auf den Wortwurm „Der ARD-Abend – Radio für alle“ getauft. Bei Bremen Eins, HR 1, SR 3 und SWR1 läuft jeden Abend ein anderer Musikteppich: am Montag der „Musikclub 80er“, am Dienstag der „Musikclub Deutsch“ und bis Sonntag die „Musikclubs“ Country, Rock, 90er, Party und Soul. Das hat sich ein rechtschreibschwacher Briefmarkensammler ausgedacht.
Die meisten ARD-Kulturradios schalten sich im Zuge der 2023 beschlossenen Reform schon länger an mehreren Abenden pro Woche selbst ab. Klassiker wie „Zeiglers wunderbare Welt des Pop“ auf Bremen Zwei wurden beerdigt, um Beträge einzusparen, die im Gesamtbudget nicht ins Gewicht fallen. Auf Kosten von Hörerbindung und organischer Entwicklung in von Beamten eng formatierten Sendeschienen ohne Regionalbezug können keine Quotenknaller entstehen. Automatisierte Menschen, gefühlsecht wie künstliche Intelligenz, senden, wie im Schnellrestaurant gekocht wird. Mir tun die armen Schweine leid, die das machen müssen. Immerhin kriegen die dafür Schmerzensgeld. Die Hörer nicht. Die schalten weg und zahlen trotzdem.
Pierre Deason, jungewelt.de, 10.06.2025 (online)