Der Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit ist beispiellos, und es ist absolut zentral, die Systematik dahinter zu begreifen, die verschiedenen Hebel in der Zusammenschau zu betrachten. Es gibt das Bündnis mit Big Tech, den Plattformbetreibern von Amazon bis Apple und Facebook, die sich bereitwillig anbiedern, Geschenke machen, die Unterwerfung proben. Es gibt den Hebel der rechtlichen Drohungen – absurde Verleumdungsklagen, Drohungen mit dem Entzug von Sende-Lizenzen und wirtschaftlichen Nachteilen. Es gibt den Ausschluss von Medien von Presseveranstaltungen im Weißen Haus, die kritisch über Donald Trump berichten. Es gibt den Versuch, den öffentlichen Rundfunk zu zerschlagen. Es gibt die permanent öffentlich zur Schau getragene Journalismusverachtung. Und es gibt die Versuche der Orwell’schen Sprachkontrolle: Man verbietet und tabuisiert Wörter, die einem nicht passen, weil man meint, so das Denken steuern zu können. […]
Donald Trump selbst, sein Vizepräsident J. D. Vance, der Chef der US-Medienaufsichtsbehörde Brendan Carr, Elon Musk – sie alle fordern mit großem rhetorischem Getöse weniger Zensur und mehr Meinungsfreiheit, aber arbeiten doch an ihrer Demontage, indem sie Andersdenkende angreifen und ihre Macht missbrauchen. Für mich ist dies ein Befund, der wie unter einem Brennglas alles zeigt: Der neue Autoritarismus spricht die Sprache der Antiautoritären. Die neue Unfreiheit kommt als Verteidigung der Freiheit daher.
Bernhard Pörksen, derstandard.at, 24.09.2025 (online)