MDM-Branchentreff und 15. Thüringer Mediensymposium

 

„MEDIEN-STANDORT-BESTIMMUNG“ so lautete das Thema des diesjährigen 15. Thüringer Mediensymposiums, das am 8. November im KinderMedienZentrum Erfurt stattfand. Organisiert wurde es von Nils Jonas Greiner, dem Referatsleiter für „Medienrecht, Medienpolitik, Medienstandort“ der Thüringer Staatskanzlei. Ihm war es nicht nur gelungen dafür zu sorgen, dass der MDR mit seiner Intendantin, sondern auch noch mit drei Direktoren (Fernsehen, Hörfunk, Landesfunkhaus) sowie dem Chef des Kinderkanals vertreten war. Er hatte es auch geschafft, wohl mit Unterstützung der Medienministerin sowie Staatskanzleichefin Marion Walsmann, dass die Mitteldeutsche Medienförderung am Vormittag noch einen Branchentreff zum Thema „Weimarer Dreieck im Film“ veranstaltete. 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich angemeldet, gekommen sind wohl nicht viel mehr als 100. Im Saal des KinderMedienzentrums saßen öfter weniger als 50.

 

 

Beim MDM-Branchentreff sollten Filmemacher, Filmförderer und Filmexperten aus Frankreich, Polen und Deutschland erzählen, wie sich die Zusammenarbeit im Filmbereich gestaltet und welchen Kooperationsmöglichkeiten sie im Film- und Medienbereich sehen. Manfred Schmidt, der Geschäftsführer der MDM, wies darauf hin, dass „die Triangel schwingt“. Und bezüglich der Diskussion verweis er auf deren offenen Ansatz: „Mal sehen, wo wir mit der Diskussion zu diesem Thema am Ende rauskommen.“

Die Thüringer Medienministerin und Staatskanzleichefin verwies in ihrer Begrüßung darauf, dass die Gründung des Weimarer Dreiecks ja auf ein Treffen der Außenminister der drei Länder Deutschlands, Polens und Frankreichs (Genscher, Dumas und Skubiszewski) am 28. August 1991 im thüringischen Weimar zurückgehen würde. Sie möchte den Medienstandort Thüringen fördern und dafür auch für neue Impulse in der Europäischen Filmförderung sorgen. So soll es über das Programm „Kreatives Europa“, das die EU demnächst verabschieden will, möglich sein, besser den Film, insbesondere die Filmkultur, zu fördern. Die europäische Filmkultur müsse gegenüber der US-amerikanischen gestärkt werden. Ein besonderes Anliegen sei es für sie, den europäischen Kinder- und Jugendfilm besser zu fördern. Insbesondere der zeitgenössische Film, der weder Literatur- noch Märchenverfilmung ist, sei identitätsstiftend für Kinder, er sei ein „Ausdruck europäischer Identität“. Und deshalb kämpfe sie dafür, dass der Kinderfilm ein eigener Förderschwerpunkt im EU-Programm „Kreatives Europa“ wird. Man sei da auf einem guten Wege.

„Thüringen ist ein Kindermedienland – von der inneren Einstellung her“, so Marion Walsmann. Leider untersetzt sie dies nicht genauer. Weder beschreibt sie die Entwicklung, noch Zustand und Perspektiven des Kindermedienlandes Thüringen genauer. Sie geht auch nicht darauf ein, wie sich Zahl der Firmen, Arbeitsplätze, Umsätze, Gewinne denn in den letzten Jahren entwickelt haben.

 

MDM-Geschäftsführer Manfred Schmidt macht zum Abschluss der Diskussion, die viele Themenstreifte, den Vorschlag, dass man als „vertrauensbildende Maßnahme“ einmal im Jahr Leute (Deutschland, Polen, Frankreich) an einem historischen Ort in Thüringen zusammenbringen könne, die gemeinsam Ideen entwickeln und 30-Minüter produzieren: Er wusste also doch, worauf das Gespräch hinauslaufen soll.

 

In seiner Begrüßung zum 15. Thüringer Mediensymposium weist der Chef der Thüringer Landesmedienanstalt, Jochen Fasco, darauf hin, dass das Thüringer Mediensymposium „die einzige Veranstaltung in Deutschland, die gemeinsam von privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk sowie der Politik getragen wird“, sei.

 

In ihrer Keynote war es die Aufgabe für Prof. Dr. Karola Wille, die Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks, Thüringen als „Digitaler Medienstandort der Zukunft“ zu beschreiben. Sie ging dabei ersten auf den „Wandel in der digitalen Medienwelt – Was sich ändert, was bleibt“ ein, führten zweitens aus, warum „wertvoller Journalismus als Treibstoff unserer Gesellschaft“ gilt und drittens „warum Thüringen ein moderner Medienstandort ist“.

Sie verwies sie darauf, wie wichtig für Luther sein Wartburg-Aufenthalt war, um die Bibel übersetzen zu können und zieht daraus den Schluss, dass „gesicherte Standorte kreative Konzepte“ ermöglichen. Thüringen habe ausreichend Potential, um „Geschichten“ erzählen zu können. Kinder seien die Zukunft, weshalb sie die Initiative zum besonderen Kinderfilm ins Leben gerufen habe. ARD undf ZDf brauchen einen Jugendkanal. Die BBC mache dies vor.

 

Der erste Workshop fand unter dem Titel „Von KiKANiNCHEN bis KiKA-Radio – Strategien für den Medienstandort Thüringen“ statt. Doch darum ging es nur leider nur selten. Vielmehr diskutierte man, wie Kinder Medien nutzen, was man Kindern im Radio anbieten müsse. Kleine Schritte, wie

einmal in der Woche Nachrichten im MDR-Internet-Kinderadio Figarino wurden als Erfolg dargestellt. Doch obwohl in der Kindheit Hör- und Sehgewohnheiten, also Nutzungsmuster, geprägt werden, setzen ARD und ZDF kaum Mittel für Kinderprogramme ein. So erhalten ARD und ZDF ca. 7,2 Mrd. Euro an Rundfunkgebühren. Der Etat ist durch die Werbeeinahmen etc. noch höher. Nicht einmal 90 Mio. Euro (86 Mio. Euro für Kika, 2 Mio. Euro für Kinderradioangebote der ARD) werden für Kinder eingesetzt. Also: Für mehr als 10% der Bevölkerung, bei der zudem Hör- und Sehgewohnheiten geprägt werden, werden nur 1,2% der Gebührengelder eingesetzt!

 

In der zweiten Runde ging es dann um „Mediatisierte Lebenswelten – Neue Herausforderungen für die Medienbildung und den Jugendmedienschutz“. Interessant waren hier vor allem die Ausführungen von Prof. Dr. Roland Merten, Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

Er verwies darauf, dass er sich nicht groß über Medienkompetenz/Jugendschutz streiten will. Im Zusammenhang mit Büchern werde ja auch nicht vom „Bücherschutz“/Bücherkompetenz geredet.

Wesentliche Bildungsprozesse sind medial vermittelt. Die Nutzung von und der Zugang zu Medien sei sozialgeprägt. Für ihn steht die Teilhabe im Vordergrund. Doch der Zugang sei zumeist material vorentschieden. Beim Zugang werde selektiert.  Das Problem bestehe in der Verteilungsgerechtigkeit. Sein Ziel sei Medienbildungsgerechtigkeit.

Aus seiner Sicht gebe es keine Generationenlücke, Alter und Generationen stellen keine Barriere bei der Mediennutzung dar. Entscheidend sei die Fähigkeit zum Kompetenzerwerb. Dazu brauche man zum einen den Zugang zu den Medien, zum anderen entsprechende soziale Voraussetzungen. Es sei falsch, die „Ungleichheitsfrage mit der Altersfrage“ zu überlagern. Daraus entstehen falsche Schlussfolgerungen.

Die Frage der Medienkompetenz sei eine Frage der Medienbildung und damit eine bildungs- und sozialpolitische Frage. Erst danach solle man die „Schutzfrage“ stellen.

Die Medien seien da, die Zugänge zu den Medien seien vorhandenen – doch die Nutzung ist unterschiedlich verteilt. Dagegen könne man nicht mit einzelnen Projekten sowie Modellversuchen angehen. Es bedürfe flächendeckender Angebote der Medienbildung, die jedoch der jeweiligen sozialen Situation angepasst werden müssen. Einfach nur flächendeckend mehr Geld und Personal aufzuwenden, sei nicht die Lösung.

Die Bildungslandschaften seien nicht einheitlich. Sie seien lokal verschieden ausgeprägt. Dem entsprechend müssen die Ressourcen verteilt werden. Es bedarf also einer „Ungleichverteilung nach Bedarf“! Allerdings gebe es heute immer noch eine Pro-Kopf-Verteilung der Mittel – auch im Bildungswesen.

Er fordert eine Medienbildungsgerechtigkeit als Ausgleich für Benachteiligte.

 

Jochen Fasco stimmte Roland Merten zu und verwies darauf, wie wichtig handlungsorientierte Medienpädagogik sei. Er forderte intelligente Lösungen, sprach sich im Bereich der Medienbildung für eine „Koalition der Wollenden“, eine „Koalition der Willigen“ aus.

Wenn man im Bereich der Medienbildung alle Anbieter zusammenbringen würde, könnte man den Standort weiter entwickeln.

 

Zum Abschluss wurde dann darüber diskutiert, ob Thüringen seit dem letzten Mediensymposium 2011 „in Serie gegangen“ sei. Ein Rückblick auf die Diskussion des letzten Jahres sollte Veränderungen zeigen, um daraus mögliche Empfehlungen für die Zukunft unter Beachtung des regionalen und überregionalen Blickes abzuleiten. „Kurz: Welche Strategielinien braucht Thüringen, um sich noch verbessern zu können?“

 

Leider schien der Moderator, Prof. Dr. Norbert Schneider, sich nicht auf die Diskussion vorbereitet zu haben und verwies zudem gleich zu Beginn darauf, dass er pünktlich gehen müsse. Die Veranstalter hatten ihn gebeten nachzuhaken, was aus den Ideen und versprechen der Diskussion vom letzten Jahr geworden sei. Doch anstatt die Teilnehmer zu fragen was sich aus ihrer Sicht seit dem letzten Jahr verbessert bzw. verschlechtert hat, erging er sich in Bonmots. Wollte er sich so über die Zeoit retten?

Marion Walsmann verwies darauf, dass es 2011 hieß, dass Thüringen in Serie gehen wolle. Dies sei geschehen: „Akte EX“ für den Vorabend des ERSTEN, Tatort Weimar, TATORT Erfurt. Der MDR hat seine Initiative zum besonderen Kinderfilm in Thüringen platziert. Die Landesregierung wolle ihren Anteil für die MDM um 250.000 Euro erhöhen. Zudem plant sie die Mittel für die Filmförderung im Bereich der Staatskanzlei zu verdreifachen.

Ingelore König von der Kinderfilm GmbH erzählte jedoch unter Bezug auf ihre Erfahrung als Vorsitzende des MFFV, dass für die Mehrheit der Produzenten im MDR-Gebiet es schwierig sei, Filme vorzufinanzieren. Die Firmen seien zu klein. Die Auftragslage habe sich nicht verbessert. Wolf-Dieter Jacobi verwies darauf, dass der Sender jetzt alle Produktionen mit einem Etat von über 50.000 Euro ausschreiben würde. Günther van Endert, Redaktionsleiter „Fernsehfilm II“ beim ZDF, erzählte, dass das ZDF bei Serien wie Spielfilmen vor allem auf Produzenten aus Berlin, Hamburg, Köln und München zurückgreifen würde. Dies seien etablierte Standorte, mit den dortigen Firmen habe man gute Erfahrungen gemacht. Produzenten aus Thüringen hätten dann eine Chance, wenn sie mit außergewöhnlichen Ideen und Inhalten an den Sender herantreten würden. (Ingelore König hatte zuvor darauf hingewiesen, dass bisher im letzten Jahr keines ihrer Konzepte vom ZDF genommen wurde.)

 

Manfred Schmidt betonte, dass die Serie der König für die Produzenten sei. Vor allem mit Serien könne man Gewinne erwirtschaften. Er machte auf die problematische Entwicklung aufmerksam, dass die Sender versuchen, ihre Risiken zu minimieren und immer öfter die Filmförderung in die Finanzierung von Stoffentwicklungen einzubeziehen, die eigentlich für das Fernsehen gedacht seien. Die Sender wollen die Kosten teilen, aber vor allem die Inhalte weiter bestimmen. Der Zeitpunkt, wann der Sender bei Projekten zusage, liege immer später. Die Produzenten hätten somit immer höhere Kosten.  Da es keine „Terms of Trade“ gebe, könnten die Firmen kein Eigenkapital bilden. Ihnen fehle das Geld, neue Projekte zu entwickeln. Wichtig wäre es, die Produktion von Serien durch Produzenten aus dem Sendegebiet in Thüringen zu etablieren.

 

 

Fazit:

 

Wissenswert: ***

Unterhaltungswert: ****

Kontaktwert: ***

Ambiente: ****

 

An der „MEDIEN-STANDORT-BESTIMMUNG“ sollte Thüringen weiter arbeiten.

 

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