Weil ihre eigenen Prinzipien nicht mehr als Quelle von Zukünften wahrgenommen werden: Freiheit, Gerechtigkeit, Bildung, Optimismus, Fortschrittsglaube. […]
Der Faschismus gewann seine Anziehungskraft aus seiner energetischen Kraft, das Leben erneuern zu wollen. Er entfaltete sich in einer destruktiven Erneuerung, die auf der Vernichtung von Leben beruhte. Wir können ihm damals wie heute nur begegnen, wenn wir Visionen des Zusammenlebens formulieren, die das Leben adressieren. Die demokratische Idee konnte sich in unserer Gesellschaft durchsetzen, weil sie das Bedürfnis im Einzelnen ansprach, sich aktiv zu der Welt zu verhalten.
Wir werden diejenigen, die sich von der Demokratie abgewendet haben, nicht zurückgewinnen, wenn wir ihnen bloß die demokratische Idee entgegenhalten. Die Entfremdung von der real existierenden Demokratie ist zu weitverbreitet. Thomas Mann stellte sich auf die Seite einer Politik, die es sich zur Aufgabe machte, die demokratische Idee in das Leben zu übersetzen.
Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey, sueddeutsche.de, 25.11.2025 (online)

