Zitiert: Die Krise offenbart, was dem öffentlich-rechtlichen Journalismus fehlt

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gibt dabei nur punktuell ein gutes Bild ab. Es fehlt an gutem Wissenschaftsjournalismus, es fehlt an Plattformen, die multiperspektivische Fragestellungen aufwerfen. In den politischen Talkshows regiert der monothematische Ausnahmezustand, der zumeist sprechend reproduziert, aber nicht denkend durchbrochen wird. Dass das ZDF nun am Sonntagabend mit „Maybrit Illner Corona-Spezial“-Sendungen aufwartet, ist an Indolenz und intellektueller Trägheit kaum zu überbieten. Dialogische Kooperation wäre das Gebot der Stunde, stattdessen atavistische Konfrontation

Es wäre fatal, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk annehmen würde, die derzeit gestiegenen Zuspruchszahlen seien eine Totalbestätigung des Programms, seien eine Legitimationsurkunde für ein großes „Weiter so“! Jetzt wird schmerzlich spürbar, dass ARD und ZDF seit mehr als 30 Jahren an einer Entpolitisierung ihrer Programme gearbeitet haben und stattdessen zumeist seichtes Entertainment bevorzugen. Die strukturelle Innovationsverweigerung schmerzt jeden Tag in Augen und Kopf. Den Sendern sind die unformatierten Sinne abhandengekommen, es gibt kaum noch Alltagssonden, mit denen die Gesellschaft jenseits der Formelsprache erkundet wird. Natürlich soll es auch rote Rosen regnen, Blutlachen in Serie sind okay, und der Ball flog nie schöner als gerade jetzt, wo wir ihn vermissen, aber die monokulturelle Bewirtschaftung der Programme, die daraus folgende ästhetische Desensibilisierung und politische Hypoxie liefert den Zuschauer an das Immergleiche, ans Totalitäre aus.

Torsten Körner, epd medien, 10.04.2020 (online)

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)