Produzentenallianz will nach Kika-Skandal – begrenzt – mehr Transparenz

Nun, nach einem Monat, äußert sich die Produzentenallianz zum aktuellen Kika-Skandal. „Der Vorfall sei umso mehr zu bedauern, weil bis zum heutigen Tage die Qualität des von ARD und ZDF sowie deren Gemein­schaftsunternehmen gezeigten Pro­gramms – gerade im internationalen Vergleich – beachtlich hoch ist.“ So kann man Lob und Kritik verbinden. „Die äußerst angespannte wirtschaftliche Situation gerade auch vieler kleiner und mittlerer Produzenten – vor allem auch im Kinderprogramm und bei der Animation, auch in den neuen Bundesländern – macht die moralische Verworfenheit der handelnden Personen besonders offenbar“, erklärt Michael Schmetz, Leiter der Produzentenallianz-Sektion Animation.

Aber ist es nicht gerade die angespannte wirtschaftliche Situation vielen Produktionsfirmen, die ein solch „unmoralisches Handeln“ zusätzlich befördert? Ist nicht auch zu fragen, warum die betreffende Firma trotz der hohen leistungslosen finanziellen Zuführungen in die Insolvenz ging? Offenbart dies nicht auch, dass es eine angemessene Vergütung, wie sie auch die Ministerpräsidenten immer wieder über Protokollnotizen zu Rundfunkstaatsverträgen einfordern, nur für wenige Firmen gibt?

 

Anscheinend ist es möglich, den Produzenten die Bedingungen zu diktieren. In den letzten Jahren haben ARD und ZDF über ihre Töchter ihre kommerziellen Aktivitäten ausgeweitet. Die Entwicklung von konzerngesteuerten Produktionsstrategien bei Pro7Sat.1 und Bertelsmann für ihre „Senderfamilien“ sowie zunehmende In-sich-Geschäfte der Medienkonzerne und öffentlich-rechtlichen Anstalten würden den Markt besonders für unabhängige Produzenten einschränken. Zugleich steigt die Vergütung für vergleichbare Leistungen nicht mehr. Damit wurde der Markt für viele unabhängige Produzenten immer enger. Um zu überleben, müssen sie sich den Bedingungen der Sender unterwerfen. Einige wenige sind in den Sendern in der Position, die Bedingungen zu diktieren. Sie entscheiden darüber, welche Firmen überleben. Nun kann man von ihnen moralisches Handeln einfordern, aber dies allein reicht nun einmal nicht (mehr). Es müssen eben auch Regeln geschaffen werden, die „unmoralisches Handeln“ erschweren, verhindern bzw. für eine schnelle Entdeckung sorgen. .

Für die Produzentenallianz heißen die Gebot der Stunde weder angemessene Vergütung noch korruptionspräventive Regeln, sondern „mehr Transparenz und höhere Effizienz im Programmbudget“, so Alexander Thies, Vorsitzender des Vorstands der Produzentenallianz. „Nur eine vollständige Transparenz kann künftig Vorfälle wie den KI.KA-Betrugsskandal verhindern – und gleichzeitig vermeiden, dass noch mehr Bürokratie entsteht … Einer Kontrolle durch die Öffentlichkeit und die Branche wären Unregel­mäßigkeiten in dieser Größenordnung sicher nicht entgangen.“ Doch die „jährliche Vorlage von detaillierten Programm-Kennziffern einzufordern“, greift zu kurz. Es reicht nicht aus zu erfahren, „wie viele Mittel konkret für Auftrags- und für Eigenproduktionen der Sender aufgewendet werden“.

Letztlich muss man zu einer 10 Jahre alten Forderung von Lutz Hachmeister zurückkehren. Dieser hat damals schon nicht nur festgestellt: „Wenn die Unternehmens- und Angebotsvielfalt in der Produktionswirtschaft stabilisiert werden soll, kommt der Auftragsvergabe durch die öffentlich-rechtlichen Sender eine besondere Bedeutung zu“. Er empfahl auch einen jährlichen Produzentenbericht der Sender, mit dem die Struktur der Auftragsproduktion transparent gemacht wird. Nur so wird es möglich zu erkennen und zu vergleichen, wer zu welchen finanziellen Bedingungen produzieren kann bzw. muss.

Die von der Produzentenallianz geforderte „neue Offenheit über aufgewendete Programmmittel für Eigen- und Fremdproduktionen“ im öffentlich-rechtlichen System ist nicht, wie behauptet, eine „grundsätzliche Weichen­stellung“. Sie würde den Status quo erhalten, sie allein würde eine lebensfähige Struktur von klein- und mittelständischen Unternehmen nicht befördern. Allerdings wäre es so möglich, dass die Produzentenallianz die Bedingungen für ihre Mitglieder verbessert.

Schon im Jahre 2002 stellte Lutz Hachmeister fest, dass die Trennung von Programm und Produktion eines der wesentlichsten Erfolgsrezepte für eine erfolgreiche audiovisuelle Industrie sei. Nur so sei eine „lebensfähige Struktur von klein- und mittelständischen Unternehmen“ zu erreichen. Doch die Produktionsfirmen werden immer mehr als „verlängerte Werkbänke“ der Redaktionen der Sender benutzt. Die Redakteure suchen sich immer öfter die Firmen für die Umsetzung ihrer eigenen Ideen aus. In der Konsequenz würden dadurch in Deutschland „viel zu wenig publizistische Formate im Fernsehbereich entwickelt, die international reüssieren können“.

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